Identität und Migration: deutsch-jüdische Erzählliteratur nach dem Holocaust

Shoou-Huey Chang

Abstract


Ende der 1980er Jahre begannen junge jüdische Schriftsteller, sich immer offener zu ihrer jüdischen Identität zu bekennen und ihren Wunsch zu äußern, öffentlich Stellung zu beziehen. Mit den historisch-soziologischen Veränderungen im 21. Jahrhundert entstand ein anderer zeitlicher und räumlicher Kontext für die Entwicklung der deutsch-jüdischen Literatur, zudem trieben jüdische Einwanderer aus Osteuropa und Israel neue Entwicklungen in der deutsch-jüdischen Literatur voran. Die deutschsprachige jüdische Gegenwartsliteratur ist multikulturell, vieldimensional und grenzüberschreitend. Vorherrschend ist in den Schriften der jungen Autorinnen und Autoren das Thema Identität. Da sich die Schriftsteller aufgrund ihrer Migrationsgeschichte und jeweiligen Abstammung unterscheiden, nimmt dieser Beitrag einige Autorinnen und Autoren in den Blick, deren Werke in verschiedenen Bereichen Aufmerksamkeit erregt haben.

In dieser Studie werden sowohl zeitgeschichtliche als auch literarische und kulturelle Aspekte beleuchtet. Davon ausgehend richtet sich die vorliegende Untersuchung auf die Entwicklung der deutsch-jüdischen Literatur nach dem Holocaust, wie sie in literarischen Erzähltexten deutschsprachig-jüdischer Autorinnen und Autoren fassbar wird. Darüber hinaus wird untersucht, wie die junge Generation ihre Identität durch ihre literarischen Werke zum Ausdruck bringt, und es werden die Dilemmata aufgezeigt, die die jüdischen Schriftsteller der jungen Generation im Prozess der Identitätsfindung mit ihrer jüdischen Kultur erleben und die sich in ihren Werken widerspiegeln.

 

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In the late 1980s, young Jewish writers began to be more open about their Jewish identity and their desire to take a public stand. With the historical and sociological changes of the 21st century, a different temporal and spatial context emerged for the development of German-Jewish literature. In addition, Jewish immigrants from Eastern Europe and Israel initiated new developments in German-Jewish literature. Contemporary German-language Jewish literature is multicultural, multidimensional and crosses borders. The theme of identity is predominant in the writings of the young authors. Since the writers differ due to their migration history and respective origins, this article takes a look at some authors whose works have attracted attention in different areas.

In this study, contemporary historical as well as literary and cultural aspects are examined. Based on this, the present study focuses on the development of German-Jewish literature after the Holocaust, as it becomes comprehensible in literary narrative texts by German-speaking Jewish authors. In addition, it examines how the younger generation expresses their identity through their literary works and highlights the dilemmas that young generation Jewish writers experience in the process of identifying with their Jewish culture and that are reflected in their works.


Keywords


junge deutsch-jüdische Literatur, Holocaust, jüdische Identität, Migration

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DOI: http://dx.doi.org/10.6667/interface.21.2023.204

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